Das Lesen von Sonagrammen V0.2 - Vertiefung
"Learning to read spectrograms" nach JIPA
Kirsten Machelett, H.G. Tillmann
Das 'Journal of the International Phonetic Association' empfahl in seiner 20. Ausgabe (JIPA, 20:1, S.51) folgende Vorgehensweise beim "Learning to read spectrograms":
- Versuche zumindest, den Artikulationsmodus eines jeden Sprachsegments zu
ermitteln.
Schreibe verschiedene Interpretationsmöglichkeiten in das
Segment, möglichst geordnet nach Wahrscheinlichkeit.
- Identifiziere jeden Vokal als vorderen oder hinteren, hohen oder tiefen. Notiere die wahrscheinlichsten Möglichkeiten, wieder in geordneter
Reihenfolge.
Handelt es sich um einen sehr kurzen Vokal, dessen Formanten sehr schwer
zu bestimmen sind, markiere ihn als [@]. Verfahre im Zweifelsfall mit allen
Vokalen auf diese Weise.
- Verwende nicht zuviel Zeit darauf, Segmente zu entschlüsseln, die
schwer zu identifizieren sind. Beginne mit den einfachen, offensichtlichen
Lauten wie den stimmlosen Frikativen.
- Versuche ständig, Deine Transkription auszusprechen und rate, wie
die noch nicht identifizierten Segmente lauten könnten. Versuche
derart erratene Möglichkeiten zu verifizieren.
Eliminiere jede Möglichkeit, für die keine entsprechenden akustischen Merkmale im unbekannten Segment zu finden sind.
Zu beachten ist, daß dieser Vorschlag des JIPA besonders in einigen Teilen für Sonagramme des Englischen gedacht ist, während FANT eine sprachunabhängige Strategie vorgibt.
Eher praktischer Natur scheint der Vorschlag unter Punkt 2 zu sein, alle sehr kurzen, nichtidentifizierbaren Vokale als Schwa zu kennzeichnen. Inwieweit diese Methode für das Lesen von Sonagrammen des Deutschen sinnvoll ist, bleibt zu überprüfen. Beim Interpretieren ist dann auf jeden Fall zu berücksichtigen, daß sowohl vordere als auch hintere Vokale schwaähnlich reduziert werden können, wenn sie unbetont sind.
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Kirsten Machelett