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Sprachliche Tätigkeit & social media

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Kommunizieren-zu-können ist die alltagsrelevanteste Fähigkeit, die Individuen benötigen um Handlungen gemeinsam zu koordinieren. Aus der Perspektive der kulturhistorischen Psycholinguistik kommen der sprachlichen Tätigkeit zwei Funktionen zu, d.h. neben der kommunikativen Funktion hat die Sprache ebenso kognitive Funktionen inne.

Mit dem Aufkommen des World Wide Web in den 1980er Jahren und dem stetigen Zuwachs an Nutzern seit den 1990er Jahren, insbesondere durch die Einführung der interaktiven Verwendung das Web 2.0 seit den 2000er Jahren, kam es zu Veränderungen des Kommunikationsverhaltens. Die Möglichkeiten zu kommunizieren, die das Web 2.0 zunächst mit der Erstellung eigener Homepages mit sich brachte, werden mit der technologischen Entwicklung beschleunigt und insbesondere seit der Einführung des Smartphones um die 2010er Jahre boomen verschiedenste Plattformen sozialer Netzwerke zum kommunikativen Austausch von sprachlichen Nachrichten, Fotos und Videos.

Es zeigen sich durch diesen technologischen Fortschritt Verschiebungen in der Kommunikation. Face-to-face Interaktionen werden durch Interaktionen mittels Online-Medien ersetzt. So erfolgt die Kommunikation nicht mehr mündlich, sondern vor allem schriftlich. Die Körperlichkeit der face-to-face-Kommunikation wird im online-Format entkörpert und auch die Konstruktion gemeinsamer Kommunikationsräume ist online nicht mehr zwingend notwendig, da hier auch gleichzeitig mehrere Kommunikationsräume (z.B. durch mehrere gleichzeitig ablaufende Chats) erzeugt werden können.

Da sich sprachliche Tätigkeit nicht nur im kommunikativen Prozess ausdrückt, sondern auch kognitive Prozesse maßgeblich beeinflusst, ist auch die Ausbildung der Ich-Identität von social media beeinflusst. Die Entwicklung der Ich-Identität steht in engem Zusammenhang mit der zweiten Funktion, der Ausbildung verschiedener Kognitionen. Hierzu gehören auch die Attribuierungen bei der Ausbildung der Persönlichkeit. Social media bieten hier wesentlich mehr Möglichkeiten, mit verschiedenen Selbsten zu experimentieren, als es im „realen“ Leben möglich ist. Zentrale, zu diskutierende Aspekte sind hier das Motiv, welches Individuen antreibt unterschiedliche Identitäten anzunehmen, und die Entwicklung des Kommunikationsraumes mit Fragen danach, wie Adressierungs- und Aushandlungsprozesse gestaltet werden sowie wie Selbstregulationen und Selbstvergewisserungen ablaufen.
In diesem Projekt werden Einzelaspekte sowohl von kommunikativen Prozessen als auch Ich-identitätsbildenden Prozesse untersucht und ein Modell konstruiert, das alle Aspekte umfasst.

Lektüreempfehlung:

Werani, Anke (2019): Shifts in communication and ego-identity in the digital world. In: Stephanie Heinecke und Thomas Osburg (eds.): Media Communication Trust in a Digital World. Heidelberg: Springer. 97-114.